Medien Scream

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Es ist das ausdrucksstarke Gesicht eines jungen Mädchens, welches den Betrachter der Videoinstallation Scream in den Bann zieht. Carola Schmidt zeigt in Zeitlupe das Pulsieren eines jugendlichen Antlitzes, dessen mimischer Ausdruck zwischen gewaltiger Kraft und unschuldiger Sanftheit, zwischen An- und Entspannung und zwischen Erregung und Erschöpfung oszilliert. Den Gezeiten gleich ereignen sich diese Gefühlsäußerungen wie Ebbe und Flut als Wallungen in einem Meer von bildgewordenen Emotionen, für welche diese Videoarbeit als Gefäß dient.
Der Zuschauer nimmt Anteil an dem in überlebensgroßen Bildern präsentierten Veräußerlichungen der rauschhaften Gefühlszustände des Teenagers als ein menschliches Naturereignis, die immer wieder in phonischen Eruptionen, in Schreien als eine Form mächtiger energetischer Entladungen kulminieren: Scream. Allerdings handelt es sich um 'visuelle Schreie'. Denn mit der Theatermusik von Shaban (Hannes Gwisdek), welche das Bildmaterial begleitet, entzieht die Künstlerin den originären Ton. Sie entkoppelt so den auditiven und visuellen Kanal und verschiebt das Gewicht der für die Rekonstruktion der Wirklichkeit nutzbaren Sinnesmodi zugunsten des Sehens (Video).
Dieser Kunstgriff erzeugt ebenso wie die stilistische Verfremdung des Bildmaterials, das in seiner Erscheinungsweise an die Malerei angelehnt ist, einen Abstraktionsgrad und stellt wohltuende Distanz her. Paradoxerweise werden das sichtbare Phänomen und dessen narratives Potential durch die poetisierende Präsentation im malerischen Duktus und in einer herabgesetzten Zeitlichkeit zugleich erzeugt und dekonstruiert.
Carola Schmidt transformiert das von ihr angefertigte dokumentarische Videomaterial eines psychologischen Portraits einfühlsam in eine poetisierte Studie. Bei der Porträtierten handelt es sich um die Figur eines weiblichen Fans der Band Tokio-Hotel in einer Konzertsituation. Ausgangspunkt für die Arbeit ist also der Typus des Fans als Individuum. Es zeigt sic ein Austausch von monströsen Energien mit kathartischen Effekten wie es typisch für diese ekstatischen Zustände ist. Selbstredend werden bekannte Symptome der 'Fankultur' durch dei Arbeit abgerufen: Unerfüllte Sehnsüchte, der Wunsch Eins zu Sein mit der Menge, das Aufgehen des Selbst im Kollektiv, die positiven Gefühle, die dem Star als Projektionsfläche entgegengebracht werden und damit verbundene die Funktionslust, als eine Form der Selbsterfahrung durch Selbstanbiederung.

(Text: Michael Rottmann / 2009, Quelle: www.carolaschmidt.com)

 

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The face of a girl caught in the act of watching. We watch her, transfixed, as she is transfixed by what she is watching. The girl is a face in the crowd. By chance she has been found and she transforms into someone. She is watching someone on a stage that we will never see. We can only see them through her face. In this extreme act of voyeurism we are privy to her every vulnerability. She explodes, screaming, hysterical before withdrawing into self-conscious reflection. Constantly slipping, masked and unmasked, the face as facade and window is exposed. She mimics the show, re-positioning what is staged and backstage.
Scream Schmidt shifts focus between multiple viewing points of the act of watching at a rock concert. Arriving with the intention to film the band on stage, she turns to focus on the audience, zooming in on a fan’s face. A triangle is created in which the corners are continually rotating. Near the stage and behind the camera, Schmidt has the viewpoint of the band, watching the crowd. Her viewpoint becomes that of the rockstar. She watches the girl in the crowd. This is the only face we see. The girl, blown-up, becomes our star. She watches the star she has come here for.
In her film, Schmidt reflects on the seduction of watching in a contemporary context, where watcher and watched becomes one and the same. Pixelated like a painting, the girl in the picture reveals in her heightened hysterical state that the focus is simply a matter of where we stand.

(Text by Carly Fisher / 2010, Quelle: www.carolaschmidt.com)

Kategorien: Film und Video

Produktionsland

AT : Österreich

Produktionsjahr

2009

Ton

Musik

Format

4:3

Farbe

Farbe
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