Kategorien
- Ausstellungsdoku
- Dokumentation Performance
- Film und Video
- Künstler*innengespräch
- Neues
- Programm
- Veranstaltungen
Blick-Wechsel
123 views
0 favorites
Der Begriff ''fat finger incident'' wird im Kontext der Finanzwelt verwendet, um menschliche Fehler, wie zum Beispiel Tippfehler, die Auswirkungen auf die Entwicklung der Aktien haben, auszumachen. Ein sehr bekanntes Beispiel dafür ist der so genannte ''flash crash'', der sich am 6. Mai 2010 ereignete und vorübergehend Aktien im Wert von Millionen Dollar auslöschte. Während die meisten Medien annahmen, dass ein ''fat finger incident'' diesen Zusammenbruch ausgelöst hatte, kann mit großer Wahrscheinlichkeit den sogenannten ''rogue algorithms'' - Computerprogramme, die benutzt werden um automatisierten, hochfrequenten, Hochgeschwindigkeitshandel durchzuführen - die Schuld zugeschrieben werden. Das Video Fat Finger Confession zeigt ein Interview mit einem Händler, der zugibt, der Schuldige hinter dem historischen Zusammenbruch gewesen zu sein.
Der heutige Handel ist bis zu einem Maß automatisiert, sodass es beinahe beruhigend wirkt die Ursache eines Fehlers bei einem Menschen zu finden. Dadurch wird der Mensch als Störung innerhalb des kybernetischen Systems gekennzeichnet, welches einen enormen Einfluss auf zeitgenössische Gesellschaften hat. Seitdem viele dieser automatisierten Handelssysteme in einer Geschwindigkeit arbeiten, die jenseits der menschlichen Wahrnehmung liegt, hat die Annahme, dass ein einziger Mensch für eine Finanzkatastrophe verantwortlich sein könnte, nur mehr die Funktion einer ideologischen Operation, die auf eine Zeit in der Geschichte verweist, in der die Verantwortung noch in der Hand des Menschen lag. Fat Finger Confession beschäftigt sich mit dem Paradoxon, dass wir uns in einer von Menschen ausgelösten Katastrophe wohler zu fühlen scheinen, als in einer von automatisierten Systemen verursachten, obwohl diese Systeme wiederum von uns Menschen geschaffen wurden.
(Axel Stockburger)
-/-
The term ''fat finger incident'' is used in the context of the world of finance in order to designate human errors, such as wrong keystrokes, which have an effect on the development of stocks. A very prominent example is the so called flash crash which took place on may 6, 2010 and temporarily wiped out millions of dollars worth of stock. While most media assumed a fat finger incident as the cause of the crash, it is highly probable that so called ''rogue algorithms'', computer programs employed for automated high speed and high frequency trading, are to blame. The video Fat Finger Confession stages an interview with a trader who confesses to be the culprit behind this historical crash.
Contemporary trading is automated to such an extent that it seems almost soothing to assume direct human responsibility for errors, thus marking the human being as the glitch in a digital cybernetic system which has an enormous impact on contemporary societies. Since many of these automated trading systems operate on a speed that lies beyond that of human perception, the assumption that a single human could be responsible for catastrophic events, has the function of an ideological operation pointing to a time in history when responsibility was still in the hands of human agents. Fat Finger Confessions engages with the paradox that we seem to feel safer if a catastrophic event is caused by human agency rather than the automatic systems, which were, after all, invented by us.
(Axel Stockburger)