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Blick-Wechsel
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Das Gesicht ist Landschaft.
(Edgar Morin)
Das Gesicht wird langsam eingeblendet. Ein Frauengesicht in Großaufnahme: pastellkreidebleich, zur Mitte hin fast transparent, bis auf hellgraue Augen, die klar ins Leere blicken. Der Hintergrund: ein gläsernes, farbiges Schimmern. Das Gesicht bleibt, sechs Minuten lang. Nur die Farben, fleckig aufgetragen, und die Lichtstimmungen wechseln, mit ihnen beginnt es scheinbar zu atmen. Trübungen nagen an den Konturen. Unschärfe und farbige Schleier lösen das Antlitz beinah auf. Wie ein Foto im Entwicklerbad kommt es immer wieder langsam zu sich, die Schattierungen verändern sich und die Augenfarbe wechselt kaum merklich. Die Grenze zwischen Wahrnehmung und Einbildung gerät beim Betrachten ins Fließen. Was hat man tatsächlich gesehen und was nur in das scheinbar ausdruckslose Gesicht hinein gelesen?
solo mit chor von Karø Goldt basiert wie frühere Arbeiten der Künstlerin auf Fotografien. rashim setzen dazu ein synthetisches Musikstück. Fernes Stimmengewirr lagert zwischen fragilen Melodien. Die statischen Fotos, diesmal zwei unterschiedliche Abzüge eines Selbstporträts, werden vor diesem musikalischen Hintergrund durch die Farbbearbeitung buchstäblich animiert. Das lässt nicht nur wegen dessen Interesse an der Großaufnahme ans frühe Kino denken: Ganze Sequenzen wurden damals monochrom getönt, um Stimmungen zu vermitteln oder eine zeitliche Orientierung zu geben. Und es erzeugt eine Art von Kuleshov-Effekt, den hier nicht der Schnitt und ein Zwischenbild, sondern die wechselnde audiovisuelle Färbung der zwei Selbstporträts erzeugt: mal vermeint man ein Lächeln, mal einen Ausdruck von Abwesenheit oder von Traurigkeit zu sehen.
Das Gesicht ist zu einem Medium geworden.
(Morin)
(Isabella Reicher, Quelle: http://www.sixpackfilm.com/de/catalogue/show/1384)