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Blick-Wechsel
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2010 feiert die Fernsehseire Tatort ihren 40. Geburtstag: Keine andere Produktion hat ein Genre so geprägt und ist über einen so langen Zeitraum Inbegriff deutscher Populärkultur gewesen. Veronika Schuberts Found-Footage-Animation Tintenkiller schöpft aus diesem reichen Reservoir. Die Künstlerin interessiert sich allerdings nicht speziell für das Genre oder das Medium, sondern mehr dafür, was das Genre und das Medium zur zeitgenössischen Bild- und Sprachkultur beitragen.
Tintenkiller ist eine Montage von visuellen und sprachlichen Floskeln und Phrasen, die ganz beiläufig daherkommen. Dabei werden einerseits das Genre konstituierende Gesten aufgesucht: der Fund einer Leiche, das Telefongespräch, der leugnende Verdächtige, die geständige Mörderin, die Beteuerung, es sei alles reine Routine, die Beteuerung, es sei keine Absicht gewesen etc.; andererseits ermöglicht die Komposition der Bild- und Sprachfetzen auch ungewöhnliche, überraschende, ja humorvolle Einsichten und Pointen: Hatte die Tote ihre Tage? Das wird Frau Dr. Eckermann sicher sehr interessieren! Ein bisschen Koks ist nicht die Welt... Nein danke, ich bin im Dienst.
Tintenkiller abstrahiert die Collage aus den Ritualen und den Banalitäten, die jeden Fernsehkrimi als solchen determinieren und erstellt im direkten Sinn des Wortes einen Blueprint des Genres: statt Blut fließt Tinte durch die Bilder. In langwieriger Detailarbeit hat Schubert 3000 Einzelbilder mit Tinte und Löschstift bearbeitet. Diese Technik beruht auf der Abfolge von Sättigung und Leere, von sichtbarer und unsichtbar gemachter blauer Farbe, die dan als Weiß erscheint. Spannung und Intensität werden so unmittelbar sichtbar in dunkelblauen Kältebildern, die irgendwann einmal das Blut ihrer Zuseher zu Eis erstarren ließen.
(Sylvia Szely, Quelle: http://www.sixpackfilm.com/de/catalogue/show/1805)