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Blick-Wechsel
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Eigentlich gibt es von Annja Krautgassers (alias [n:ja]) jüngstem Video zwei Versionen: Eine trägt den Titel Innerer Monolog, die andere heißt Beyond. Obwohl sie für beide Arbeiten, bis auf die Schlussszene, annähernd das gleiche Bildmaterial verwendet,
ist der Unterschied letztlich doch gravierend. Während sie in Innerer Monolog stark auf das Architekturporträt eines Gebäudes im 15. Wiener Gemeindebezirk fokussiert, welches sie über die Tonspur mit imaginären Geschichten atmosphärisch anreichert, erweitert Beyond die Blickweise um eine weitere Ebene. Die Künstlerin zeigt in der letzten Einstellung das (unerwartet große) Filmset und dekuvriert damit die Machart des Videos. Die sichtbaren Produktionsbedingungen setzt sie dabei genau gleich in Szene wie davor die einzelnen Versatzstücke der architektonischen Komposition. Lediglich das grell in unterschiedlicher Stärke aufblitzende Licht, das durch einen Schweißvorgang erzeugt wird, öffnet und schließt die Sicht auf die Häuserfassade, aber auch auf die aufzeichnende mediale Apparatur. Die Architektur – stimmigerweise ein Umspannwerk – flackert im Rhythmus des Arbeitsvorganges. Das Video entpuppt sich als strukturell gebautes Architekturporträt und „Making-of“ zugleich.
Formal besteht Beyond aus drei ineinanderfließenden Bewegungen, die immer wieder durch Schwarzbilder – die komplette Dunkelheit – unterbrochen sind. Zuerst gleitet die Kamera nach rechts über einzelne Details der modernistisch anmutenden Häuserfront, bevor der sich weitende Blick auf die Fassade – in Folge mehrfach, aber dennoch fragmentarisch bleibend – freigegeben wird. Knapp ab der Hälfte der Arbeit dreht sich die Kamerabewegung um, bis das Bild von der Gebäudefront mit einem leicht nach oben ziehenden Schwenk in der Dunkelheit der Nacht versinkt. Dabei betreibt Krautgasser auch ein Spiel mit Genrekonventionen. Ganz der Suspense-Logik folgend, ist immer nur ein Teil oder eine Spur zu wenig zu sehen, während auf der Tonebene – vorbeiziehende Autos, klappernde Stöckelschuhe, Vogelgezwitscher – alles nur angedeutet bleibt. In der offiziellen Architekturgeschichte taucht dieses Gebäude übrigens bis dato nicht auf. Das in den 1970er Jahren vom Architekten Heinrich Schmid gebaute Werk existiert ähnlich wie in Beyond vorwiegend im Verborgenen.
(Dietmar Schwärzler, Quelle: http://www.annjakrautgasser.net/)