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Blick-Wechsel
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Das Filmische hat sich immer im Spannungsfeld von Sichtbarkeit und ihrer Zerrüttung oder Auslöschung bewegt. In dem Maß, in dem die Bilder erscheinen und eine Ordnung der Sichtbarkeit herstellen, wird diese Ordnung gleichzeitig durch Schnitt und Montage, durch Anhalten oder Beschleunigen, durch Über- und Ausblenden an eine Grenze geführt, die sie zugleich konstituiert und gefährdet, zumindest aber in Frage stellt.
Around and Around von Annja Krautgasser bezieht sich auf diese Grenze in mehrfacher Hinsicht: Da ist zum einen der Horizont, zugleich Ende und unbekannter Anfang, die Teilung der Welt, die Grenzziehung des Blickfeldes; da ist aber auch der Rundblick, das Panorama, die Allsichtigkeit, das ''skopische Regime der Moderne'', die Überschreitung jeder Eingrenzung des Blicks, seine Entgrenzung; und da ist noch die Geschwindigkeit, die Beschleunigung, die Krise des Blicks, wenn nicht gar sein katastrophales Scheitern. Und selbstverständlich ist da das Medium des Filmischen (nicht Video oder Film), das Annja Krautgasser in den Montagen vorbeihetzender Horizonte (markante Gebirge und geradezu abstrakte ''Wüsten'') nicht thematisiert, auch nicht zeigt, aber vorführt, wie man sagen könnte. Gehört es zum Ereignis des Mediums, im Erscheinen sogleich wieder zu verlöschen, wie Jacques Derrida schreibt? Dann scheint Around and Around sich an jenem vagen ''Saum'' des Visuellen abzuarbeiten, an dem das filmische Bild zu verlöschen, hinter dem Horizont zu verschwinden droht, und gegen diese Verlöschung mit ekstatischer Performanz (d. h. mit Mitteln des Filmischen) anzugehen. Ein Hinauszögern des Verschwindens, das den ''Raum'' des Visuellen überhaupt erst zu ermöglichen scheint.
(Reinhard Braun)