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Blick-Wechsel
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Ground Control ist eine ruppige Videominiatur. Sie setzt beim Einfachsten und Ursprünglichsten an, das die elektronische Bewegtbildmaschine zu bieten hat: dem unkontrolliert über die lichtelektrische Cäsiumoxyd-Schicht auf der Innenseite einer Braunschen Röhre gelenkten Elektronenstrahl, dem Bildrauschen. Die Aufzeichnung dieses chaotischen Rauschens birgt eine frühfilmische Faszination: die Wiederholbarkeit eines einmaligen Vorgangs. Ein vorher nie da gewesener und so nie wiederkehrender visueller Ablauf wird reproduzierbar und verliert dadurch den Status des Chaotischen. Dieser Gedanke folgt dem Wunsch nach Beherrschbarkeit einer unkontrollierbaren Welt.
Damit startet die Assoziationskette des Videos, in die sich spontan agierende Ameisenkörper drängen. Ihr Krabbeln ist in den reproduzierten Bildern videotechnisch manipuliert, eine Bewegungsverfremdung aufgezwungen. Das Kleintier wird zum Monster, wenn es schließlich, festgeklebt und eingesperrt in den Kader, unvermittelt als Abfolge von Individuen ins (Schnee-)Treiben platzt.
Die Horroratmosphäre der sogenannten Bug-Movies aus den fünfziger Jahren (''Formicula'', ''Tarantula'') lässt grüßen: Die durch wissenschaftliche Experimente aus den Fugen geratene Natur rächt sich mit überdimensionalen Insekten an der Menschheit.
Das Rauschen überträgt sich auf eine Satellitenantenne, die vage im Bild erscheint: Dort werden sie quasi auf den Boden (der Realität?) zurückgeholt, jene unsichtbaren Wellen, die die Bilder transportieren, das Unsichtbare, das sie kontrolliert und die Kräfte, die sich darüber formulieren. In technologischem Sinn dienen Wellen heute als Trägermedium für bewegte Bilder. Als Bewegungen einer Wasseroberfläche sind sie ein sich ständig wandelndes visuelles Spiel. Über diesem versinkt das Video gegen Ende wieder im Rauschen der Bilder. So kommt es zurück zu seinem Anfang.
(Siegfried A. Fruhauf)