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Blick-Wechsel
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Roman Pfeffer [...] findet sein Sujet in der Realität. Mit archäologischem Gespür greift er zum Fundus von Dingen, die eben erst ausgedient haben. Immer wieder stößt er dabei auf Objekte, die nicht gewöhnlichem Hausrat entstammen, sondern mit ausgesuchter Präzision und in werthaltigem Material für einen besonderen Zweck ersonnen wurden und sich bei näherem Hinsehen – wie einst der Flaschentrockner – als Herzstücke für das Verständnis unserer Zivilisation offenbaren. In den nun folgenden experimentellen Phasen analysiert der Künstler – ohne Rücksicht auf Verluste – Konstruktion und Beschaffenheit, zerlegt, zersetzt, zersägt. Spielerisch erprobt er dann an den materiellen Überresten ungewohnte Verbindungen und fügt schließlich das Arsenal der Teile in einer neuen Ordnung zusammen. Wie ein solcher Prozess abläuft, und was auf diese Weise entstehen kann, zeigt die zweiteilige Arbeit "The Restricted Conference" (2011/2014). Sie besteht aus einem Videofilm (Kamera Viktor Schaider) und einer großen Fotoarbeit (c-print) und ist gemeinsam mit Markus Hofer [...] verwirklicht worden, ein Künstler, der Pfeffers kreative Haltung gegenüber Vorgefundenem teilt. Dass die aktuelle Situation chronischer Beschränkung oder gar Stornierung von Versammlungen dieser Arbeit eine überraschende Aktualität verleiht, war nicht vorauszusehen.
Die erste Szene des Films zeigt einen leeren Raum. Auf abgenutztem Bretterboden breitet sich ein funktionaler Konferenztisch aus: lackierte Holzplatte, zwei massive Metallbeine, vier Auslassungen für Verkabelungen, ein Tasten -Telefon. Das ist alles, keine Stühle. In der Rückwand jedoch eine Reihe von Steckdosen: Was an diesem Tisch verhandelt wurde, sollte anschlussfähig sein, sollte in die Weite wirken. Kein Zweifel, hier wurden wichtige Entscheidungen getroffen. Schließlich treten beide Künstler hinzu, schnell wechselnde close-ups begleiten ihre geübten Handgriffe und ziehen in den Bann. Berechnend wird vermessen. Als handele es sich um einen Schauprozess oder eine ritualisierte Hinrichtung, nimmt das zerstörerische Werk seinen Lauf. Nichts verbindet diese Form der Demontage mit der blinden Aggression der Wiener Aktionisten Friedrich Achleitner und Gerhard Rühm, die im April 1959 unter ohrenbetäubendem Lärm auf offener Bühne ein Klavier zertrümmerten. Roman Pfeffer und Markus Hofer geht es nicht um Vandalismus, sondern um Transformation. Diesem Akt sehen wir aus der distanzierten Nähe eines Wissenschaftlers zu. Über Kamera und ohne Ton ist der Beobachterstatus auf rein visuelles Erleben ausgerichtet. Funken weißer Flammen sprühen, als die Metallsäge ansetzt. Zähtropfender Leim deutet die Wendung an. Am Ende ist der Tisch zwar verschwunden, doch liegen keine zerborstenen Trümmer vor uns. Zu sehen sind vielmehr zwei identische Stühle und das Telefon. Nur die runden Öffnungen in ihren Rückenlehnen und manch ungeschönte Kante verraten ihre Genese aus zweitverwendetem Material und erinnern an die fingierten papiernen Welten eines Thomas Demand. Die Stühle gibt es längst nicht mehr.
Auf einem großen c-print haben die Künstler jedoch das Paar im Porträt festgehalten. Adrett einander zugewandt, stehen die zusammen Gezimmerten im septischen Design eines puristischen Raumes, ohne Steckdose, ohne Telefon, als warteten sie auf Godot oder die nächste Transformation.
(Text: Heidrun Rosenberg)